Stromspeicher für Gewerbe und Industrie – 10 Schritte zum passenden Stromspeicher für Ihr Gewerbe- oder Industrieunternehmen 

Stromspeicher spielen eine zentrale Rolle bei der Energiewende und bieten für Gewerbe- und Industrieunternehmen zahlreiche Vorteile, von der Erhöhung des Eigenverbrauchs bis hin zur Reduzierung von Lastspitzen. Die Auswahl des passenden Speichersystems erfordert jedoch eine sorgfältige Analyse des Energiebedarfs, der Energieerzeugung und der betrieblichen Infrastruktur. In zehn Schritten wird hier aufgezeigt, wie Unternehmen einen maßgeschneiderten Stromspeicher auswählen und effizient einsetzen können. 

Autor:
Louis Fuchs Sales Manager bei INTILION
Louis Fuchs

Sales Manager bei INTILION

Inhalt - Auf einen Blick

1. Ermittlung des Energiebedarfs und des Lastprofils 

Die Basis für die Auswahl des richtigen Stromspeichers ist die präzise Analyse des Energiebedarfs. Grundlage für die Ermittlung des Energiebedarfs eines Unternehmens ist der Lastgang eines vergangenen vollständigen Jahres, sodass alle Jahreszeiten und unübliche Zeiten (z.B. Betriebsferien) mit abgedeckt werden. Der 15-minütige Lastgang ist Grundlage für die Jahresabrechnung und wird Ihnen mit einem Jahresverbrauch von über 100.000 kWh oder größer 30 kW Bezugsleistung (Unternehmen mit registrierter Lastgang-Messung) vom örtlichen Netzbetreiber zur Verfügung gestellt. Nimmt man eine Jahresabrechnung der Stromkosten hinzu, kann man bereits gut erkennen welche Positionen die Kostentreiber sind. Für RLM-Kunden (Registrierte Lastgang-Messung) gilt, dass bei den Netzentgelten sowohl die verbrauchte Energie in kWh als auch die Jahresspitzen in kW eine Rolle spielen. Je nach Lastgang fällt das Verhältnis dieser Kosten unterschiedlich aus. 

Zum Ist-Bedarf sollte man auch die zukünftigen Pläne berücksichtigen. Die mögliche zunehmende Elektrifizierung innerhalb des Unternehmens z.B. durch Ladeinfrastruktur wird der Energiebedarf verändern. Sind Pläne für neue Verbraucher bereits jetzt bekannt, sollten diese bei der Ermittlung des Bedarfs eingerechnet werden. 

2. Ermittlung der Energieerzeugung  

Neben der Ermittlung des Energiebedarfs spielt auch die Energieerzeugung eine wichtige Rolle. Ist ein dezentraler Erzeuger (z.B. PV-Anlage oder BHKW) vorhanden, wird der Bedarf durch diesen Einfluss reduziert. Erzeugungsdaten von vergangenen Jahren geben recht genaue Aufschlüsse, wie viel der erzeugten Energie selbst verbraucht wurde und um wie viel sich der Bedarf bereits dadurch reduziert hat. Im Optimalfall liegen Erzeugungsdaten, Einspeisedaten und Netzbezugsdaten für ein gesamtes Jahr in 15-Minuten-Werten vor, sodass die Eigenverbrauchsquote leicht zu errechnen ist.  

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3. Betrachtung Netzanschluss  

Ein wesentlicher limitierender Faktor bei Netzbezug und Einspeisung kann der Netzanschluss sein. Sollte durch den Ausbau von Erzeugungsanlagen (z.B. PV-Anlage oder BHKW) oder Errichtung weiterer Verbraucher die Leistung des Netzanschlusses nicht ausreichen, ist abzuwägen, ob man den Netzanschluss ausbauen lässt (wenn möglich) oder ein Stromspeicher als Pufferspeicher eingesetzt werden soll.  

In diesem Schritt taucht somit schon der erste Anwendungsfall für den Einsatz eines Stromspeichers auf: Die Netzanschlusserweiterung. Vor allem im Zuge des Ausbaus von Erzeugungsanlagen und Ladeinfrastruktur liegt häufig kein Netzanschluss vor, der die Einspeiseleistung oder Bezugsleistung abdecken kann. Ein Netzanschlussausbau ist nicht immer möglich und meist mit hohen Kosten und langer Wartezeit verbunden. Darüber hinaus erhöhen sich auf der Bezugsseite die Lastspitzen, sodass höhere Netzentgelte gezahlt werden müssen. Ein Stromspeicher kann hingegen recht schnell aufgestellt und angeschlossen sowie später problemlos erweitert werden. Da der Netzanschluss damit entlastet wird (Beladung des Speichers in Zeiten, in denen wenig Verbrauch am Standort ist), werden auch keine höheren Netzentgelte durch höhere Lastspitzen fällig. 

4. Lastganganalyse  

Um weitere Anwendungsfälle zu erkennen, sollte man sich den Lastgang Ihres Unternehmens näher anschauen und auf relevante Kennzahlen prüfen. Eine detaillierte Lastganganalyse zeigt, wann und wie viel Energie Ihr Unternehmen verbraucht. 

Die Netzentgelte von RLM-Kunden (Registrierte Lastgang-Messung) setzen sich in Deutschland aus einem Arbeitspreis (€/kWh) und einem Leistungspreis (€/kW) zusammen. In anderen europäischen Ländern gibt es ähnliche Preisstrukturen, die geprüft werden sollten. Diese Netzentgelte werden von dem zuständigen Verteilnetzbetreiber jährlich veröffentlicht und können auf der Internetseite heruntergeladen werden. Arbeits- und Leistungspreis sind abhängig von den Jahresbenutzungsstunden. Dies ist ein Indikator für die gleichmäßige Nutzung des Netzanschlusses: Je höher die Benutzungsstunden, desto gleichmäßiger ist der Lastgang. Sie berechnen sich wie folgt: 

Liegen die Jahresbenutzungsstunden des Kunden unter 2.500 h, ist der Arbeitspreis pro kWh der Netzentgelte hoch und der Leistungspreis pro kW gering. Liegt der Wert über 2.500 h, ist der Arbeitspreis geringer und der Leistungspreis höher.  

Quelle: Westfalen Weser, Preisblatt Netznutzung Strom

Somit wird bei einem Kunden mit Jahresbenutzungsstunden von über 2.500 h die Lastspitzenkappung interessant, da die max. Last (15-Minuten-Wert) des gesamten Jahres einen hohen Anteil an der Stromrechnung hat. Bei Kunden mit unter 2.500 h empfiehlt eher die Reduzierung des Netzbezuges (Eigenverbrauchsoptimierung), da die kWh einen höheren Einfluss auf die Stromrechnung hat. 

5. Stromspeicher zur Erhöhung des Eigenverbrauchs 

Ist eine Photovoltaik-Anlage bereits vorhanden oder geplant, sollte man den Eigenverbrauch möglichst hochhalten, da die Einspeisung wenig finanzielle Vorteile für den Kunden bietet, wenn diese nicht in der EEG-Förderung liegt. Mithilfe eines Analyse-Tools lässt sich durch die Daten der Photovoltaikanlage und den Lastgang bestimmen mit welchem Stromspeicher der Eigenverbrauch erhöht werden kann und wie viele Vollzyklen der Speicher (eine vollständige Ent- und Beladung des Speichers) pro Jahr fahren wird. Der Stromspeicher sollte so ausgelegt werden, dass die Vollzyklen pro Jahr einen Wert von über 200 erreichen. In der Regel ist eine 0,5C-Rate dafür ausreichend (z.B. 100 kWh / 50 kW). Damit ist sichergestellt, dass der Speicher an sonnenreichen Tagen vollständig be- und entladen wird und optimal ausgenutzt wird. Ist die Vollzyklen-Anzahl niedriger, ist der Speicher für diesen Anwendungsfall zu groß. Ist diese Anzahl deutlich höher, ist der Speicher zu klein, um das gesamte Jahr optimal abzufangen. Eine vollständige Autarkie (0 kWh Netzbezug) oder eine 100%ige Eigenverbrauchsquote (keine Netzeinspeisung) empfiehlt sich meist nicht, da die Investitionskosten den wirtschaftlichen Vorteil überwiegen und im Winter weniger Sonnenenergie zur Verfügung steht. Die Ersparnisse lassen sich durch den reduzierten Netzbezug und den Strombezugspreis berechnen. 

6. Stromspeicher zur Reduzierung von Lastspitzen 

Bei der Reduzierung von Lastspitzen sind die Tageszeiten, Dauer und Höhe der Lastspitzen zu beachten. Neben dem Einsatz eines Stromspeichers können Lastspitzen auch durch Anpassung der Nutzung der Verbraucher oder anhand eines Lastmanagements reduziert werden (z.B. Beheizung der Räumlichkeiten versetzt zu den Zeiten der Produktion oder kaskadierter Maschinenanlauf). 

Mithilfe eines Analyse-Tools können Sie berechnen welcher Stromspeicher mit welcher Leistung und Kapazität notwendig ist, um die Lastspitzen zu reduzieren. Oft empfiehlt sich dabei ein 1C-System (z.B. 100 kWh / 100 kW). Je länger die Lastspitzen andauern, desto höher muss die Kapazität sein, da der Speicher über die gesamte Dauer die Leistung zur Verfügung stellen muss. Außerhalb der Spitzenzeiten belädt sich der Stromspeicher automatisch aus einer Erzeugungsanlage (z.B. PV-Anlage) oder aus dem öffentlichen Netz, ohne dabei die Lastspitze zu erreichen. Die Differenz zwischen der früheren Lastspitze und der neuen, reduzierten Lastspitze dient als Grundlage für die Berechnung der Ersparnisse. Diese Differenz multipliziert mit dem Leistungspreis aus den Netzentgelten ergeben somit die Ersparnisse pro Jahr. Dadurch, dass die Netzentgelte in den kommenden Jahren voraussichtlich deutlich ansteigen, kann dieser Wert als Mindestersparnis pro Jahr angenommen werden. 

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7. Netzentgelt-Sonderformen: Stromspeicher zur Atypischen oder Intensiven Netznutzung  

Als Sonderformen der Netzentgelte gelten die Atypische Netznutzung und die Intensive Netznutzung. 

Bei der Atypischen Netznutzung werden die Spitzenlasten nur innerhalb von Hochlastzeitfenstern (HLZF, werden vom Netzbetreiber veröffentlicht) betrachtet und gekappt. Außerhalb der Hochlastzeitfenster kann der Stromspeicher für andere Anwendungsfälle genutzt werden, zum Beispiel Eigenverbrauchsoptimierung oder Strombeschaffungsoptimierung. Voraussetzung für diesen Anwendungsfall ist, dass das Verhältnis zwischen der Spitze in Hochlastzeitfenstern zur Spitze außerhalb der Hochlastzeitfenster einen vorgegebenen Prozentwert (Erheblichkeitsschwelle) überschreitet, der von der Spannungsebene abhängt. 

Wird die Erheblichkeitsschwelle überschritten, kann man mit dem Netzbetreiber individuelle Netzentgelte aushandeln und die Netzentgelte erheblich senken.

Bei der Intensiven Netznutzung können Unternehmen mit über 10 GWh Netzbezug pro Jahr und über 7.000 Benutzungsstunden bis zu 80% der Netzentgelte einsparen. Liegen die Benutzungsstunden knapp unter 7.000, kann ein Stromspeicher dafür sorgen, diese Grenze zu überschreiten. Die Intensive Netznutzung steht aktuell auf den Prüfstand (Eckpunktepapier zur Fortentwicklung der Industrienetzentgelte im Industriebereich). Die Tendenz geht dahin, dass Unternehmen für Flexibilität belohnt werden, sodass Speichersysteme auch für neue Verordnungen sehr wahrscheinlich genutzt werden können.

8. Stromspeicher zur Strombeschaffungsoptimierung

Ein Stromspeicher kann auch dazu genutzt werden, um kurzfristige Preisschwankungen an der Strombörse durch Handel am Spotmarkt auszunutzen, um Energiebeschaffungskosten zu senken. Dazu ist zunächst ein Stromtarif notwendig, die einen variablen Preis anbieten und über Börsenpreise (dabei werden in der Regel Day-Ahead Preise angenommen) abgedeckt wird. Durch den Zubau erneuerbarer Energien, die zunehmende PV-Erzeugung, die bleibende Verbrauchsstruktur und die noch fehlenden Speicherungsmöglichkeiten schwanken die Börsenpreise innerhalb eines Tages sehr stark. Dies kann sich ein Unternehmen zu Nutze machen, indem es einen Stromspeicher einsetzt, der auf Preissignale reagiert und entsprechend den Strom bei niedrigen Börsenpreisen belädt oder bei hohen Börsenpreisen entlädt und sich somit vor hohen Strompreisen schützt. Die kurzfristige Beschaffung von Strom wird durch die schwankenden Börsenpreise zunehmend an Bedeutung gewinnen und kann im Gegensatz zu einer langfristigen Absicherung wirtschaftliche Vorteile bieten mit sich bringen, wenn man flexibel auf die Preiskurve reagieren kann. Auch in Verbindung einer PV-Anlage kann die Energie somit kostengünstiger genutzt werden. In Kombination mit einem primären Anwendungsfall können zusätzliche Erlöse generiert und die Amortisationsdauer des Speichers gesenkt werden. Außerdem kann damit die Nutzung und Einspeisung des erzeugten PV-Stroms optimiert werden.

9. Stromspeicher zur Versorgung bei Netzausfall

Ein Stromspeicher kann auch als Notstromversorgung bei einem Netzausfall dienen. Soll der Stromspeicher bei einem Ausfall des öffentlichen Netzes den Standort weiter versorgen, indem er ein eigenes Netz aufbaut, ist die Projektierung des Netzbildenden Betriebsmodus / Netzersatzanlage umzusetzen.

Die wichtigsten zu klärenden Anforderungen sind zunächst:

  • Ist für den Kunden eine Umschaltzeit in Ordnung?
  • Wie lange soll der Speicher welche Verbraucher versorgen können?
  • Gibt es Erzeugungsanlagen, die beim Netzausfall in den Speicher einspeichern können?
  • Wie hoch sind die Anlaufströme der Verbraucher?

Anhand von den Antworten lässt sich schnell bestimmen wie hoch die Leistung und die Kapazität des Batteriespeichers sein muss, damit es den Anforderungen gerecht wird. Oftmals empfiehlt sich eine Priorisierung von Verbrauchern und Erzeugungsanlagen, da größere Gewerbe- und Industriestandorte hohe Lasten aufweisen können und der Batteriespeicher auf diese Spitzenlasten ausgelegt werden muss, was ihn in der Regel unwirtschaftlich darstellen lässt. Die hohen Investitionskosten sind abzuwägen, sodass es oft sinnvoller ist gewisse Verbraucher beim Netzausfall zu versorgen und diese kaskadiert zuzuschalten.

Auch dieser Anwendungsfall ist mit anderen Anwendungen kombinierbar. Bei der Umsetzung einer Netzersatzanlage im Gewerbe- und Industrieumfeld sind kundenseitig einige Projektierungshinweise zu beachten, die wir gerne auf Nachfrage zusenden.

10. Wahl des richtigen Stromspeichers

Ist der Anwendungsfall gefunden und die Größe bekannt, kann nun ein optimales Batteriespeichersystem gesucht werden. Durch nutzbare Kapazität und Be- und Entladeleistung definiert man die Kennzahlen, die der Speicher zur Verfügung stellen muss , damit der Anwendungsfall umgesetzt werden kann. Darüber hinaus lohnt sich eine genaue Betrachtung der Unterschiede von Outdoor- und Indoor-Stromspeichern. Ist ein Batteriespeichersystem im Innenbereich, sollten die Themen Klimatisierung und Brandschutz genau unter die Lupe genommen werden. Möchte man die Themen möglichst auslagern, empfiehlt sich ein Outdoor-Batteriespeicher.

Mit diesen wichtigsten Merkmalen lässt sich bereits das Batteriespeichersystem bestimmen. Geht der Anwendungsfall bzw. die Kombination der Anwendungsfälle (insbesondere beim Thema Strombeschaffungsoptimierung) über den Standard des Stromspeichers hinaus oder müssen weitere Komponenten angesteuert werden (z.B. PV-Wechselrichter, Ladesäule oder Wärmepumpe), empfiehlt sich der Einsatz eines übergeordneten Energiemanagementsystems, welches unterschiedliche Systeme herstellerunabhängig ansprechen kann und individuell an den Anwendungsfall angepasst werden kann.

 

Fazit: Effiziente Energienutzung und Kostensenkung durch den richtigen Stromspeicher

Die Wahl des richtigen Stromspeichers für Gewerbe- und Industrieunternehmen erfordert eine gründliche Analyse des individuellen Energieverbrauchs, der Netzanschlusskapazitäten und möglicher zukünftiger Entwicklungen im Unternehmen. Durch die Kombination von Anwendungsfällen wie Eigenverbrauchsoptimierung, Lastspitzenreduktion oder Notstromversorgung lässt sich der Speicher optimal nutzen und wirtschaftlich rentabel betreiben. Zudem bieten spezielle Netzentgelttarife und Strombeschaffungsoptimierung zusätzliche Einsparpotenziale. Mit dem richtigen Speichersystem lassen sich nicht nur Energiekosten senken, sondern auch die Betriebssicherheit und Nachhaltigkeit des Unternehmens steigern.

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