Mit Trading und Stromspeicher Geld verdienen: Eine Einführung in den Strommarkt
Der verstärkte Ausbau erneuerbarer Energien und der Rückgang konventioneller Stromerzeugung haben die Strommärkte grundlegend verändert. Insbesondere Batteriespeicher rücken in den Fokus, da sie flexibel auf Marktsignale reagieren und von Preisvolatilitäten profitieren können. Doch wie funktioniert der Strommarkt genau? In diesem Beitrag werfen wir einen detaillierten Blick auf den Strommarkt und beleuchten die Basics der verschiedenen Märkte.
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Der dynamische Zubau von regenerativen Erzeugungsanlagen und der Ausstieg aus der konventionellen Stromerzeugung hat in den vergangenen Jahren zu erheblichen Veränderungen in der Erzeugungsstruktur im deutschen und europäischen Strommarkt geführt. Besonders der Ausbau der Photovoltaik hat dazu beigetragen, dass in den Sommermonaten täglich wiederkehrende Erzeugungsspitzen am Mittag und Nachmittag auftreten, was zu niedrigen Nachmittagspreisen an der Stromhandelsbörse EPEXSpot führt. Auf der anderen Seite entstehen morgens und abends Preisspitzen, weil das Anfahren eines konventionellen Kraftwerks für wenige Stunden teuer ist und die Produktion aus Photovoltaik in den Morgen- und Abendstunden sehr gering ist.
Die beschriebene Entwicklung wird in untenstehender Grafik dargestellt. Man erkennt, dass in den frühen 2000er Jahren die tägliche Strompreisspitze in den Mittagsstunden lag. In den direkt zurückliegenden Jahren hat sich diese Spitze in die frühen Abendstunden verschoben.
Wie der Strommarkt im Einzelnen aufgebaut ist, wird im folgenden Kapitel beschrieben
Wie ist der Strommarkt aufgebaut?
Der Strommarkt unterteilt sich in den Termin- und Spotmarkt.
Der Terminmarkt
Auf dem Terminmarkt werden standardisierte Handelsprodukte Base und Peak gehandelt. Das Baseprodukt ist die kontinuierliche Lieferung einer konstanten Leistung über den gehandelten Zeitraum, der z.B: einen Monat ein Quartal oder ein Jahr betragen kann. Das Peakprodukt hingegen ist ein sogenanntes Spitzenlastprodukt, welches zwischen Montag und Freitag zwischen 8:00 und 20:00 Uhr mit einer konstanten Leistung definiert ist. Folgende Grafik stellt die Abfolge der Zeiten für eine Woche dar.
Terminmarktprodukte werden sowohl börslich als auch bilateral im sogenannten OTC-Handel gehandelt. Der börslichen Terminmarkthandel findet z.B. an der ICE Endex mit Sitz in den USA oder an der EEX in Leipzig statt.
Die Preisentstehung an der Strombörse ist für alle Börsenteilnehmer transparent. Zudem ist der Handelspartner jedes Marktteilnehmers die Börse, sodass der Handel anonym abläuft. Die Börse trägt das Kontrahenten- bzw. das Ausfallrisiko. Im OTC-Handel ist der Handelspartner hingegen bekannt und die Partner tragen das jeweilige Ausfallrisiko des Handelsgeschäfts. Aufgrund der Kosten, die mit der börslichen Absicherung verbunden sind, wird die überwiegende Anzahl der Terminmarktgeschäfte im OTC-Handel abgewickelt.
Die bedeutendste Börse für den Stromterminmarkt in Europa ist die European Energy Exchange (EEX) mit Sitz in Leipzig. Die an der EEX aktiven Stromhändler handeln die Standardhandelsprodukte mit dem Ziel der preislichen Absicherung für die Zukunft (Futures). Der Zeitraum bis zur Lieferung kann im Terminmarkt bis zu sechs Jahre betragen. Für die Kundenseite ist dabei regelmäßig die preisliche Absicherung der Strombezugskonditionen das Ziel und für die Kraftwerksbetreiber die Absicherung des Verkaufserlöses, der z.B. mit dem Brennstoffeinkauf für ein Kraftwerk korreliert. Beide Parteien sichern sich damit gegen starke Preisschwankungen und wirtschaftliche Risiken ab. Andererseits vergeben sie damit auch die Chance den Strom zukünftig günstiger zu kaufen oder teurer verkaufen zu können.
Der Spotmarkt
Der Spotmarkt hingegen dient der kurzfristigen Energiebeschaffung, um Schwankungen in Erzeugung und Verbrauch auszugleichen und eine Feinplanung für den kommenden Tag zu machen. Der Spotmarktpreis ist sehr von der kurzfristigen Angebots- und Nachfragesituation geprägt und kann stark schwanken. Wesentlicher Faktor für Schwankungen ist das Wetter. Für die Bewirtschaftung des Spotmarktes hat sich die EEX mit dem französischen Pendant Powernext zusammengeschlossen. Sie bilden die European Power Exchange (EPEX) – Europas bedeutendsten Spotmarkt. Sitz der EPEX ist in Paris. Der Spotmarkt teilt sich in den Day-Ahead- und den Intraday-Markt auf. Neben der EPEX werden auch an der Nordpool in Oslo Spotkontrakte für den europäischen Markt gehandelt. Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die EPEX.
Im Day-Ahead-Markt (DA) werden Stromprodukte wie Einzelstunden und Blöcke (z.B. Base und Peak) gehandelt, die am Folgetag geliefert werden. Angebote können bis 12:00 Uhr eingereicht werden, und die Preise bewegen sich zwischen -500 €/MWh und 3.000 €/MWh. Der Handel erfolgt als Auktion, bei der Angebot und Nachfrage in einem festen Zeitfenster erfasst werden. Der markträumende Preis (Clearingpreis), der den Ausgleich von Angebot und Nachfrage bestimmt, wird nach Abschluss der Auktion festgelegt und gilt für alle Teilnehmer.
Untenstehende Grafik stellt den Preisverlauf des Blockproduktes Peak für das Jahr 2023 dar. Selbst über den Mittelwert von 12 Stunden, den das Blockprodukt Peak abbildet, sind deutliche Preisspitzen von positiven, wie auch negativen Preisen zu erkennen
Nach dem Abschluss des Day-Ahead-Handels beginnt der Handel auf Viertelstundenbasis am Intraday-Markt (ID), was zusätzliche Flexibilität und Feinplanung für die Stromvermarktung und den Strombezug ermöglicht. Es findet täglich um 15:00 Uhr eine Auktion für den deutschen Markt statt.
Der kontinuierliche Intraday-Handel (IDC) beginnt am Vortag um 15:00 Uhr. Dabei werden Angebot und Nachfrage sofort gematcht, um kurzfristige Fahrplanänderungen und den Ausgleich im Bilanzkreis zu ermöglichen. Die Preisbildung erfolgt nach dem „Pay-as-bid“-Prinzip, bei dem der tatsächlich gebotene Preis als Gebotspreis festgelegt wird. Der Intraday-Handel unterliegt dabei starken Preisschwankungen, mit Preisgrenzen zwischen -9.999 €/MWh und 9.999 €/MWh. Preisspitzen entstehen oft bei hoher Nachfrage und knappen Kapazitäten, während negative Preise auftreten, wenn das Angebot an erneuerbaren Energien die Nachfrage übersteigt. Zusätzlich gibt es eine Eröffnungsauktion für den Intraday-Markt, die ähnlich dem Day-Ahead-Markt abläuft, jedoch mit Viertelstundenprodukten. Diese Flexibilität im Intraday-Handel bietet besonders im Stromhandel und der Direktvermarktung von Strom Möglichkeiten, kurzfristig auf Preisschwankungen zu reagieren und Strom gewinnbringend zu vermarkten bzw. seinen Bilanzkreis ausgeglichen zu halten. Der Einsatz und das Kostenrisiko des regelzonenübergreifenden einheitlichen Bilanzausgleichspreises (reBAP), der für jede viertelstündliche Bilanzkreisabweichung zu entrichten ist, kann über Handelsgeschäfte im IDC minimiert werden.
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Ist die Regelenergie für Batteriespeicher relevant und welche Arten der Regelenergie gibt es am Markt?
Regelenergie ist die Energie, die eingesetzt wird, um Schwankungen im Stromnetz auszugleichen und die Netzfrequenz stabil bei 50 Hz zu halten. Wenn das Stromangebot oder die Nachfrage vom prognostizierten Plan abweichen, muss Regelenergie aktiviert werden, um das Gleichgewicht zwischen Erzeugung und Verbrauch wiederherzustellen. Die Bestimmung der Regelenergieanbieter für den Folgetag erfolgt in drei morgendlichen Auktionen, beginnend mit der Auktion für Primärregelleistung um 8:00 Uhr. Regelenergieprodukte sind in vier Stundenblöcke unterteilt. Man kann Gebote für einen oder mehrere Blöcke abgeben. Mindestgebotsgröße für Regelenergieprodukte ist 1MW. Teilnehmen dürfen alle, die einen entsprechenden Präqualifizierungsprozess durchlaufen haben. Es gibt drei Hauptarten der Regelenergie:
- Primärregelleistung: Diese wird innerhalb von 30 Sekunden bereitgestellt und dient dem sofortigen Ausgleich von Frequenzschwankungen im Netz. Sie muss für mindestens 15 Minuten verfügbar sein und ist besonders für Batteriespeicher geeignet, die schnell auf Schwankungen reagieren können. Die Primärregelleistung ist ein symmetrisches Produkt. Mit der Gebotsabgabe verpflichtet sich der Bieter sowohl für den Bezug als auch für die Lieferung der Leistung bereitzustehen. Mit dem erfolgreichen Zuschlag aus der Primärregelleistungsauktion entsteht eine Zahlungsverpflichtung an den Bieter, die unabhängig vom realen Abruf ist.
- Sekundärregelenergie: Sie wird aktiviert, wenn die Primärregelleistung nicht ausreicht, um die Netzstabilität wiederherzustellen. Diese muss innerhalb von 5 Minuten bereitgestellt werden und ebenfalls für mindestens 15 Minuten zur Verfügung stehen. Im Gegensatz zur Primärregelleistung ist die Sekundärregelenergie in einen Leistungs- und einen Arbeitsmarkt aufgeteilt und es besteht die Möglichkeit asymmetrischer Gebote, so dass Lieferung und Bezug getrennt betrachtet werden. Die Auktion für die Sekundärregelleistung erfolgt um 9:00 Uhr des Vortages. Jeder Bieter mit Zuschlag für die Sekundärregelleistung hat für die Leistungsvorhaltung einen Zahlungsanspruch, unabhängig vom Abruf. Andererseits ist der Bieter verpflichtet ebenfalls ein Angebot für einen Arbeitspreis abzugeben. Der Sekundärregelarbeitsmarkt ist offen für alle Marktteilnehmer, die präqualifiziert sind, aber nicht unbedingt einen Zuschlag in der Sekundärregelleistungsauktion erhalten haben. Der Sekundärregelarbeitsmarkt ist bis wenige Minuten vor Lieferbeginn für Arbeitspreisgebote offen. Damit stellen die Anlagen mit erfolgreichen Leistungsgebot sicher, dass die benötigte Sekundärregelleistung auf jeden Fall zur Verfügung steht, der reale Abruf erfolgt aber nach einer Merit Order, die sicherstellt, dass die Regelarbeit preislich optimiert abgerufen wird.
- Tertiärregelleistung (Minutenreserve): Diese tritt nach der Sekundärregelleistung in Kraft und muss innerhalb von 12,5 Minuten bereitgestellt werden. Sie wird für längerfristige Netzstabilisierung benötigt, wobei Batteriespeicher aufgrund ihrer kurzen Ladezyklen oft nicht ideal sind.
Die zeitliche Abfolge für den Abruf der verschiedenen Regelenergieprodukte ist in untenstehender Grafik dargestellt:
Zusammenfassung der Märkte
Mit Ausnahme des Terminmarkts sind die oben dargestellten Märkte für den Betrieb von Batteriespeichern relevant.
In der marktlichen Optimierung von Batteriespeichern hat sich herausgestellt, dass ein flexibles Agieren in den verschiedenen Märkten die größten Erlöse verspricht. Im gegenwärtigen Marktumfeld bewerten wir die Märkte, hinsichtlich Ihrer Relevanz für Batteriespeicher, folgendermaßen:
Für eine optimale Vermarktung von Batteriespeichern ist eine kontinuierliche tägliche Neubewertung der Teilnahme an den verschiedenen Märkten wichtig, da z.B. Wettereinflüsse die Attraktivität eines Marktes sehr kurzfristig verändern können.